USA und EU: Der Effekt von Zöllen im transatlantischen Fahrzeughandel
Die USA, genauer gesagt der amerikanische Präsident Donald Trump, haben Importzölle von 25 % auf europäische Fahrzeuge angekündigt. Das entspräche bei den Pkw-Importen einer Erhöhung um den Faktor 10 und hätte in erster Linie für deutsche Hersteller enorme Folgen. In diesem Beitrag schauen wir auf die Zahlen zum Fahrzeughandel zwischen den USA und der EU. Zudem zeige ich in einer Beispielkalkulation, mit welchen Herausforderungen die davon betroffenen Hersteller dann konfrontiert wären.
Inhalte dieses Beitrags
- Einleitung
- Zahlen, Daten, Fakten: Fahrzeughandel zwischen den USA und der EU
- Beispielrechnung: Wie Zölle den Fahrzeugpreis beeinflussen
- Beispielrechnung: Wie Zölle die Rentabilität von Autoherstellern beeinflussen
- Zusammenfassung
Einleitung
Zölle sind vom Importeur einer Ware zu zahlen und gehen damit als Kosten in die Preiskalkulation des Anbieters ein. Im Endeffekt erhöhen sie also indirekt den Preis einer Ware oder aber sie senken den Profit des Importeurs. In den meisten Fällen passiert beides. Höhere Preise führen aufgrund einer – in der Regel – negativen Preiselastizität auch zu einer niedrigeren Verkaufsmenge.
Zölle und Handelsbarrieren sind gemäß der gängigen volkswirtschaftlichen Theorie abzulehnen, da sie den Wohlstand aller Beteiligten durch höhere Preise sowie niedrigere Produktion senken. Trotzdem sind sie eine allgegenwärtige Realität im globalen Handel. Die aktuell vom amerikanischen Präsidenten Donald Trump angekündigten Zölle auf europäische Fahrzeugimporte sind ein weiterer Schritt weg vom Freihandel. Erst kürzlich hatte die EU zusätzliche Importzölle auf in China produzierte Elektroautos verhängt.
Die Grundidee von Zöllen ist dabei immer dieselbe: der Schutz der eigenen Industrie vor ausländischer Konkurrenz. Natürlich kann das teilweise sinnvoll sein, wenn zum Beispiel ausländische Produktion stark subventioniert und damit künstlich verbilligt ist. Auch sozial und ökologisch fragwürdige Produktionsbedingungen können ein Argument sein.
Zahlen, Daten, Fakten: Fahrzeughandel zwischen den USA und der EU
Die USA und die EU liegen auf Platz zwei und drei der größten Fahrzeugmärkte der Welt. Nur in China werden jährlich mehr Fahrzeuge verkauft. Dementsprechend werden auf beiden Seiten des Atlantiks zahlreiche Pkw und Nutzfahrzeuge produziert, exportiert und importiert. Im Folgenden gibt es eine Übersicht der Handelsvolumen und Zollsätze, im Fahrzeughandel zwischen den USA und der EU.
Der Fokus liegt dabei auf Pkw und leichten Nutzfahrzeugen, die in den USA Light Trucks heißen und das mit Abstand größte Fahrzeugseugment bilden, da auch die sehr beliebten Pick-ups in diese Kategorie fallen.

Welche Zölle auf Autos gibt es in den USA und der EU?
Die Tabelle zeigt die aktuell (Stand: 28.02.2024) gültigen Importzölle für Pkw und Light Trucks (Kastenwagen, Pick-ups, besonders schwere SUVs), die aus den USA kommend in die EU eingeführt werden – und umgekehrt.
Aktuelle Importzölle bei Einfuhr aus jeweils anderer Region | USA | EU |
---|---|---|
Pkw | 2,5% | 10,0% |
Leichte Nutzfahrzeuge (engl. Light Trucks) | 25,0% | 10,0% |
Die deutlich höheren Zölle auf Light Trucks gibt es seit Mitte der 1960er-Jahre und sind auf einen damaligen Zollstreit zwischen europäischen Ländern und den USA zurückzuführen. Sie sind sehr bedeutsam, denn das Segment der Pick-ups ist in den USA um ein Vielfaches größer als das der Pkw. Im Jahr 2024 sind laut Statista etwa 15,9 Millionen Fahrzeuge (Light Vehicles = Pkw und Leichte Nutzfahrzeuge) neu zugelassen worden. Davon sind etwa 3 Millionen Pkw und 12,9 Millionen Light Trucks. Grob 80 % des amerikanischen Markts sind also durch eine Zollbarriere in Höhe von 25 % geschützt. Auf Basis dieser 80/20-Aufteilung liegt der eigentliche Zollsatz für den amerikanischen Markt bei etwa 20 % – doppelt so hoch wie der Zollsatz auf EU-Importe aus den USA.
Präsident Trump hatte eine generelle Erhöhung der Importzölle für Pkw auf 25 % angekündigt. Damit würde für beide Marktsegment derselbe Zollsatz in Höhe von 25 % angewendet.
Angekündigte Importzölle bei Einfuhr aus jeweils anderer Region | USA | EU |
---|---|---|
Pkw | 25,0% | 10,0% |
Leichte Nutzfahrzeuge (engl. Light Trucks) | 25,0% | 10,0% |
USA und EU: Wie viele Autos werden exportiert und importiert?
Alle hier angegeben Werte beziehen sich auf das Jahr 2022 und stammen aus einem Fact Sheet des europäischen Branchenverbands ACEA, das hier abrufbar ist.
Zunächst eine kurze Einordnung zur jeweiligen Handelsbilanz:
Fahrzeug Ex- und Importe insgesamt | USA | EU |
---|---|---|
Exporte (Stück) | 3.907.978 | 6.257.590 |
Exporte (Wert, in Mrd. EUR) | 105,6 | 171,4 |
Importe (Stück) | 10.294.553 | 3.899.322 |
Importe (Wert, in Mrd. EUR) | 268,9 | 69,6 |
Handelsbilanz (Wert, in Mrd. EUR) | -163,3 | +101,8 |
Das hohe Handelsbilanzdefizit der USA liegt auch daran, dass ein Großteil der Importe aus den Nachbarländern Mexiko und Kanada stammt, mit denen die USA (noch) ein gemeinsames Freihandelsabkommen haben.
Der Wert der zwischen den USA und der EU gehandelten Fahrzeuge beläuft sich auf knapp über 46 Milliarden Euro, was in etwa 20% des gesamten Fahrzeugexportwerts der beiden Regionen entspricht. Der Großteil des Handelsvolumen entfällt dabei auf Pkw.
In 2022 wurden in den USA 692.334 Pkw aus EU-Produktion mit einem Gesamtwert von 36 Milliarden Euro importiert. Umgekehrt waren es 116.207 Pkw mit einem Wert von 5,2 Milliarden Euro. Die Pkw-Handelbilanz fällt also zugunsten der EU aus. Das bedeutet aber auch, dass die europäischen Hersteller deutlich abhängiger vom US-Markt sind als umgekehrt: 13,4% der europäischen Pkw-Exporte gehen in die USA, umgekehrt sind es nicht einmal 5%. Die EU sitzt also klar am kürzeren Hebel.

Beispielrechnung: Wie Zölle den Fahrzeugpreis beeinflussen
Welchen konkreten Einfluss Zölle auf die Preisgestaltung haben, zeigt das folgende Beispiel aus Sicht eines Importeurs. Dafür müssen ein paar Annahmen getroffen werden, die das Ergebnis stark beeinflussen. Die Annahmen sowie eine kurze Erläuterung sind unterhalb der Rechnung aufgeführt.
2,5% Importzoll | 25% Importzoll Marginal Profit pro Einheit soll unverändert bleiben | 25% Importzoll Marginal Profit pro Einheit halbiert | |
---|---|---|---|
Nettolistenpreis, UPE | 25.000 | 29.675 | 27.824 |
Händlereinkaufspreis (10% Händlermarge) | 22.727 | 26.977 | 25.294 |
Einkaufspreis des Importeurs | 17.000 | 17.000 | 17.000 |
Importzoll | 425 | 4.250 | 4.250 |
Rohmarge | 5.302 | 5.727 | 4.044 |
Verkaufsförderung (10% von Händler-EK) | 2.273 | 2.698 | 2.529 |
Marginal Profit (pro Stück / in %) | 3.030 / 13,3% | 3.030 / 11,2% | 1.515 / 6,0% |
Die beiden Beispielszenarien zeigen, mit welchen Preissteigerungen zu rechnen ist, wenn Zölle ganz oder teilweise über einen höheren Verkaufspreis ausgeglichen werden sollen. Im Szenario mit gleichem marginalen Profit steigt der Preis um 18,7 %. Im zweiten Szenario mit halbiertem marginalen Profit beträgt die Preiserhöhung 11,3 %.
Hinweise zu Annahmen und Positionen:
- Händlereinkaufsmarge: Differenz aus Einkaufspreis für Händler und unverbindlicher Preisempfehlung des Herstellers/Importeurs. Im Rechenbeispiel wird eine Händlermarge von 10% angenommen.
- Einkaufspreis des Importeurs: Preis, den der Importeur (z.B. BMW in den USA) an den Hersteller/Exporteur zahlt (z.B. BMW AG). Darin enthalten sind die Produktionskosten und Logistikkosten des Herstellers.
- Importzoll: Der Zoll muss vom Importeur auf den Importwert, also den Einkaufspreis, gezahlt werden.
- Rohmarge: Differenz aus Einnahmen (= Händler-EK) und Kosten (= Einkaufspreis des Importeurs plus Zoll).
- Verkaufsförderung: Manchmal auch Vertriebskosten genannt. Die Kosten fallen für Verkaufsaktionen, Sonderangebote für Handel und Endkunden aber auch die Bereitstellung von attraktiven Finanzierungs- und Leasingkonditionen an. Im Beispiel wird eine relative Verkaufsförderung in Höhe von 10% des Händlereinkaufspreis angenommen.
- Marginal Profit: Auf Deutsch auch Grenzertrag genannt. Beschreibt den zusätzlichen Gewinn einer weiteren verkauften Einheit. Von diesem Ertrag müssen fixe, also mengenunabhängige, Ausgaben und Kosten sowie die gesamten allgemeinen Betriebskosten bezahlt werden. Jeder Importeur hat auf Basis seiner individuellen fixen Kosten auch eigene Ziele für den Marginal Profit. Das hier erziehlte Niveau 13,3% ist ein lediglich ein Beispiel.
Natürlich ist bei solch starken Preisveränderungen von einem deutlichen Nachfragerückgang auszugehen. Die daraus resulierenden Effekte werden im zweiten Rechenbeispiel deutlich.
Beispielrechnung: Wie Zölle die Rentabilität von Autoherstellern beeinflussen
In der oben aufgeführten Beispielrechnung zum Effekt von Zöllen auf das Pricing wird deutlich, dass man bei starken Erhöhungen nicht davon ausgehen kann, dass der Importeur die zusätzlichen Kosten höherer Zölle vollständig kompensieren kann. In der Folge muss also von höheren Preisen ausgegangen werden. Mittel- und langfristig kann natürlich über eine Verlagerung der Produktion nachgedacht werden, kurzfristig ist das jedoch nicht möglich.
Die folgende Beispielrechnung zeigt, wie sich der Ertrag eines Importeurs mit 30.000 Verkäufen pro Jahr bei höheren Zöllen entwickelt. Dabei führt der höhere Preis in jedem Fall zu einer niedrigeren Verkaufsmenge und reduziert so stets den Ertrag. Es zeigt sich aber auch, dass es sinnvoll ist, die eigene Marge genau im Blick zu behalten.
Aus Sicht Importeur in Mio. USD | 2,5% Importzoll | 25% Importzoll Marginal Profit pro Einheit unverändert | 25% Importzoll Marginal Profit pro Einheit halbiert |
---|---|---|---|
Verkäufe Stück | 30.000 | 15.975 | 21.529 |
Umsatz | 681,8 | 431,0 | 544,6 |
Kosten (inkl. Zölle) | 522,8 | 339,5 | 457,5 |
Rohmarge | 159,1 | 91,5 | 87,1 |
Verkaufsförderung | 68,2 | 43,1 | 54,5 |
Marginal Profit | 90,9 | 48,4 | 32,6 |
Die Veränderung der Verkaufsmenge ist mit einer negativen Preiselastizität von 2,5 berechnet worden. Konkret bedeutet das, dass eine Preiserhöhung um 10 % die Verkaufsmenge im 25 % reduziert. Diese veränderten Verkaufsmengen und die beiden Szenarien mit konstantem und halbiertem Marginal Profit pro Einheit ergeben zwei sehr unterschiedliche Bilder für die Gesamtrechnung eines beispielhaften Importeurs in den USA.
Das Beispiel macht deutlich, dass es in jedem Fall erstrebenswert ist, den größten Anteil der Kosten über den Preis weiterzugeben. Versucht man durch eine teilweise Absorption der gestiegenen Zölle die Verkaufsvolumen zu stützen, so ist das zwar gut für den Umsatz, aber letztlich sinkt der Marginal Profit unter das Niveau bei vollständiger Weitergabe der Kosten.
Zusammenfassung
Die USA und die EU sind stark miteinander verbunden – der Fahrzeughandel bildet dabei keine Ausnahme. Mehr als 20 % ihres Handelsvolumens in dieser Kategorie wickeln die beiden Regionen untereinander ab. Aufgrund des deutlichen Handelsbilanzüberschusses der EU würde eine erhebliche Erhöhung der Importzölle von US-amerikanischer Seite die hiesigen Hersteller schwer treffen. Besonders deutsche Hersteller wären betroffen, da sie teilweise auch in den USA für den europäischen Markt produzieren und somit bei einer eventuellen Reaktion der EU in beide Richtungen höhere Zölle entrichten müssten.
Die Beispielrechnungen zeigen, dass es entscheidend darauf ankommt, die höheren Kosten durch höhere Preise weitergeben zu können. Das senkt unweigerlich die verkaufte Menge und ist in der Praxis leichter gesagt als getan, denn auch die Auslastung der Werke spielt eine wichtige Rolle. Um höhere Preise erfolgreich am Markt durchzusetzen, ist eine starke Marke unerlässlich – was vielleicht ein kleiner Lichtblick für die potenziell stark betroffenen deutschen Hersteller ist. Im Idealfall treten die von US-Seite angekündigten Zölle infolge einer Verhandlungslösung erst gar nicht in Kraft. Ob das eine realistische Hoffnung ist, steht jedoch auf einem anderen Blatt.