Analysen

Paint it Black – Autofarben im Wandel der Zeit

Früher war mehr Lametta, zumindest was die Vielfalt der Autofarben angeht. In diesem Beitrag geht es um die Entwicklung der beliebtesten Farben für Neuwagen. Und auch die Rolling Stones und der niederländische Maler Piet Mondrian werden eine Rolle spielen. Musik- und Kunst-Fans kommen also eventuell auch auf ihre Kosten.

Inhalt dieses Beitrags:

Einleitung

Früher war mehr Lametta! Das ist unbestritten richtig, wenn es um Autofarben geht. Schon der Gedanke an die in den 90er Jahren üblichen wild-bunt gemusterten Stoffpolsterungen macht klar, dass es eine Zeit vor grau-weiß-schwarzer Tristesse gab. Das bunte Treiben auf den Sitzen hat sich auch in den Außenfarben widergespiegelt: etwa zwei Drittel der Neuwagen waren 1995 bunt, also nicht Weiß, Grau/Silber oder Schwarz (siehe hier). Heute beträgt dieser Anteil nur noch knapp über ein Fünftel (20,5% per Ende September 2024).

I see a line of cars and they’re all painted black
– singt Mick Jagger im Rollings Stones Song „Paint it Black“

Ist „Paint it Black“, ein Song der Rolling Stones aus dem Jahr 1966, also eine wahrgewordene Prophezeiung für das Verschwinden von Farbe und Freude von deutschen Straßen? In diesem Beitrag betrachte ich die Entwicklung der Autofarben seit 2010, die Unterschiede je Marke und Haltergruppe sowie die möglichen Effekte auf den Restwert.

Entwicklung der Autofarben im deutschen Pkw-Markt

Wie eingangs beschrieben, hat sich die Bereitschaft zu bunten Farben stark reduziert. Dieser Trend hat sich in den letzten Jahren noch mal stark beschleunigt. Zu den drei unbunten Farben Weiß, Grau/Silber und Schwarz fallen darüber hinaus einige Dinge auf:

  • Der Anteil an weißen Pkw hat sich fast verdoppelt und ist von 11,5% in 2010 auf 20,0% im laufenden Jahr (per Ende September) gestiegen. Der höchste Anteil war mit 21,5% in 2021 zu verzeichnen.
  • Grau beziehungsweise Silber erfreut sich ungebrochener Beliebtheit, die im Zeitverlauf nur wenig schwankt und tatsächlich in 2024 den bisherigen Höchststand erreicht hat. Ziemlich genau ein Drittel (33,1%) der neu zugelassenen Pkw sind grau/silber.
  • Bei Schwarz gibt es hingegen einen negativen Trend und das aktuelle Niveau von 26,4% (September 2024) liegt ein gutes Stück unter dem bisherigen Hoch aus 2011 mit damals 31,0% Anteil.

Das bedeutet, dass der Zuwachs von unbunten Farben vollständig auf den gestiegenen Anteil an weißen Pkw zurückzuführen ist. Tatsächlich haben die Hersteller nach und nach die Farbe Weiß neben der üblichen kostenlosen Lackierungsoption auch als aufpreispflichtige Metallic- oder Perleffekt-Lackierung angeboten. Scheinbar mit Erfolg.

Um die Entwicklung der echten Farben zu betrachten, lohnt es sich, die drei unbunten Vertreter auszublenden. Dann zeigt sich, welche Farbtrends seit 2010 im Markt zu beobachten waren:

  • Klare Trendfarbe war offenbar Braun, allerdings hielt der Boom nur kurz an. Höhepunkt war das Jahr 2012 mit 6,7%, auch im jeweiligen Jahr davor und danach lag der Anteil noch bei etwa 6%. Es ging dann jedoch schnell abwärts und mittlerweile rollen nur noch 0,6% der Neuwagen in dieser Farbe über deutsche Straßen.
  • Rot und Blau schwanken in einem langen Zyklus von etwa zehn Jahren auf und ab. Beide hatten ihren Peak in 2019 mit 10,9% für Blau und 7,2% für Rot.
  • Aktuell scheint Grün auf dem Weg zur Trendfarbe zu sein, denn der Anteil hat sich seit 2019 konstant gesteigert und liegt per Ende September bei immerhin 3,0%. Das ist der bisherige Höchstwert.
  • Gelb, Orange und Lila/Violett spielen – wenig überraschend – eine untergeordnete Rolle.

Autofarben je Marke – eine Übersicht

Natürlich gibt es Marken, die stark mit einer Farbe verbunden sind. Bestes Beispiel ist da natürlich Ferrari mit dem berühmten Rosso Corsa. Abhängig von der jeweils angebotenen Modellpalette, den damit angesprochenen Interessenten oder schlicht der Produktstrategie unterscheiden sich die Marken teilweise deutlich.

Ein schönes Beispiel für eine „bunte“ Produktstrategie ist Fiat. Im Juni 2023 hatte der italienische Hersteller mittels Pressemeldung und eigens produziertem Video angekündigt, dass man keine grauen Fahrzeuge mehr produzieren wird. Die Farbpalette des damals neu vorgestellten Modells Fiat 600 musste als erstes auf die in Deutschland beliebteste Lackierung verzichten. Das Ganze stand unter dem Motto: „Italien: Das Land der Farben, FIAT: Die Marke der Farben.“.
Hier ist die damalige Pressemeldung zu finden: https://www.media.stellantis.com/de-de/fiat/press/schluss-mit-grau-her-mit-den-farben

Persönlich halte ich das für eine mutige Entscheidung und eine gelungene Marketingaktion. Und ganz so mutig ist es am Ende auch nicht geworden: beim Fiat 600 gibt es die Farbe Sabbia Beige, die doch eine Menge silberne Reflexe hat. Und trotzdem ist Fiat heute die TOP 20 Marke in Deutschland mit dem höchsten Anteil an echten Farben in den Neuzulassungen.

Falls sich jemand fragt, wann denn eigentlich Piet Mondrian ins Spiel kommt: jetzt ist es soweit. Die jeweiligen kleinen Grafiken zur Verteilung der Autofarben je Marke haben mich an die bekannten Gemälde des niederländischen Malers erinnert.

Hier das Original:

Piet Mondrian – Komposition mit Rot, Gelb, Blau und Schwarz
Quelle: https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=37636478

Hinter Fiat konnte sich auch Mazda deutlich von den anderen Marken absetzen. Die Japaner haben mit ihrer ikonischen Farbe Soul Red Crystal, die fast über die gesamte Modellpalette hinweg angeboten wird, ein schönes Beispiel für eine erfolgreiche Farbstrategie mit hohem Wiedererkennungswert geliefert. Keine andere TOP 20 Marke hat einen derart hohen Rot-Anteil wie Mazda (18,6%), was auch in Grafik 3 deutlich wird. Bei Ferrari liegt der Anteil übrigens bei 27,0% – dem Höchstwert aller Marken.

MARKEANTEIL BUNTER FARBEN
FIAT46,1%
MAZDA38,5%
RENAULT29,2%
FORD29,0%
HYUNDAI28,4%
PEUGEOT28,1%
DACIA27,7%
TOYOTA26,9%
CITROEN23,5%
DURCHSCHNITT ALLER MARKEN20,5%
OPEL19,6%
KIA19,4%
SKODA18,0%
AUDI17,6%
PORSCHE16,8%
BMW16,5%
TESLA16,4%
VW16,2%
VOLVO15,7%
MERCEDES13,0%
SEAT (inkl. CUPRA)11,4%
Tabelle 1: TOP 20 Marken nach Anteil bunter Farben (ohne Weiß, Grau/Silber und Schwarz) per Ende September 2024.
Quelle: Kraftfahrt-Bundesamt (KBA), eigene Berechnung und Darstellung.

Autofarben je Haltergruppe – Fährt man privat wirklich bunter als gewerblich?

Hier machen wir einen kurzen Ausflug in die Statistik und prüfen mittels Korrelationskoeffizienten, ob es einen Zusammenhang zwischen bestimmten Farben und Haltergruppen gibt. Dabei wird untersucht, ob der Anteil von Weiß, Grau/Silber, Schwarz und den zusammengefassten bunten Farben in einem Zusammenhang mit dem Privatkundenanteil steht. Dazu werden die jeweiligen Werte für Farbanteil und Haltergruppenanteil der 42 größten Marken (min. 900 Neuzulassungen) in Deutschland per Ende September untersucht.

Lange Rede, kurzer Sinn: Marken mit hohem Privatkundenanteil verkaufen buntere und weißere Autos als der Durchschnitt. Oder anders gesagt: Es gibt einen positiven Zusammenhang zwischen dem Privatkundenanteil einer Marke und dem Anteil and weißen und bunten Außenfarben. Demgegenüber steht ein negativer Zusammenhang bei Grau/Silber und Schwarz. Das lässt mich persönlich ein bisschen aufatmen, denn es bedeutet, dass private Haushalte immer noch ein Herz für Farbe haben.

Die Korrelationskoeffizienten für gewerbliche Kunden sind logischerweise dieselben, nur mit umgekehrtem Vorzeichen. Dort ist der Zusammenhang bei Schwarz und Grau also positiv. Auch das deckt sich mit dem Bauchgefühl.

Gibt es einen Zusammenhang zwischen Autofarbe und Restwert?

Private Autokäufer bevorzugen bunte und weiße Fahrzeuge. Was für ein wenig Farbe im Straßenverkehr sorgt, könnte an anderer Stelle negative Folgen haben. Welche Farben sind die besten für den Werterhalt des eigenen Fahrzeugs?

Diesem Thema hat sich mobile.de auf Basis der eigenen Inserate gewidmet und dazu den durchschnittlichen Fahrzeugpreise je Lackierungsfarbe ausgewertet (kann man hier nachlesen). Ein paar der Ergebnisse überraschen:

  • Die Durchschnittspreise für schwarze und graue Fahrzeuge liegen fast 10% über dem Gesamtschnitt.
  • Auch Weiß gehört zu den wertstabileren Farben mit +6% im Vergleich zum Durchschnitt.
  • Die anderen Farben mit überdurchschnittlichem Preis sind Orange (+5%) und Gelb (+13%), was gefühlt allerdings wenig überrascht, denn immerhin sind das beliebte Farben für sportliche und entsprechend teure Modelle.
  • Das heißt im Umkehrschluss, dass Fahrzeuge in allen anderen Farben unterdurchschnittliche Preise erzielen.

Die Untersuchung ist jedoch nicht allzu ernst zu nehmen, denn hier wird nicht der modellspezifische Restwert je Farbe untersucht sondern schlicht der Preis je Inserat und Farbe. Dabei werden Fahrzeugsegmente und Modellvarianten bunt durcheinander gewürfelt und die Aussagekraft ist sehr begrenzt.

Trotzdem gilt, dass die Farbwahl nicht extrem sein sollte, wenn man später keine böse Überraschung beim Widerverkauf erleben möchte. Ein roter Renault Clio ist völlig unproblematisch, ein roter Passat aber vermutlich nicht, außer man arbeitet bei Hilti.

Titelbild: (c) Volkswagen

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