Dacia Bigster im Test: Big in Berlin… äh Belgien.
„Wir sind viele und wir sind zu zweit. Wir sind big in Berlin tonight.„
So singt es Frank Spilker, Sänger und Gitarrist der Hamburger Indie-Pop-Band Die Sterne, in der 1999 erschienenen Single Big in Berlin. Und beim Anblick meines Testwagens mit dem Modellnamen Bigster und dem grandiosen Kennzeichen B-IG 1021 kommt mir der eingängige Refrain direkt in den Sinn.
Und es passt auch irgendwie, denn egal ob zu zweit oder mit vielen, der Bigster macht eine gute Figur und würde dank maßvollen und tatsächlich sparsamen Motorisierungen auch Berliner SUV-Skeptiker überzeugen können.
In diesem Beitrag gibt es meine Eindrücke zum neusten SUV der rumänischen Marke der Renault Gruppe nach einem ausgiebigen Test über drei Tage und 700 Kilometer, die mich durch Belgien und Holland geführt haben. Wer keine Lust auf den umfassenden Fahrbericht hat, der findet am Ende eine kurze Zusammenfassung.
Inhalte dieses Beitrags:
- Einleitung
- Design und Innenraum: Außen hui, innen pfui?
- Kofferraum: Platz für einen Jahresvorrat Trappisten-Bier oder Vla
- Bedienung und Infotainment: Schnell, intuitiv und schnörkellos
- Fahreindruck: Tut was er soll – und das sparsam
- Fazit: Ein echter Dacia
- Technische Daten und Preise
Einleitung
Bevor es zum Test geht, noch kurz ein paar schnelle Zahlen, die zeigen, dass der Bigster tatsächlich sehnsüchtig erwartet wurde:
- Per Ende August 2025 wurden über 6.500 Neuzulassungen erzielt. Dabei ging es erst ab Mai so richtig los. Das ist ein starker Auftakt! Seinen Konkurrenten Austral von der Schwestermarke Renault hat er dabei bereits hinter sich gelassen (5.840 Neuzulassungen).
- Das KBA erfasst 138 verschiedene SUV-Baureihen, bei denen sich der neue Bigster bereits auf Platz 34 einordnet und damit zum oberen Viertel gehört.
- Er hat mit fast 80% den höchsten Privatkundenanteil aller Dacia-Modelle.
- Die Preise starten bei 23.990 Euro. Zum Vergleich: ein VW T-Cross ist 4,11m lang und damit anderthalb Segmente unterhalb des Bigsters anzusiedeln und startet bei 24.960 Euro. Beim vergleichbaren VW Tiguan, immerhin der Bestseller im S-SUV-Segment, geht’s ab 38.850 Euro los.
Nachdem wir das geklärt haben, kann es losgehen. Ich habe mit dem Bigster ein Wochenende in Belgien und Holland verbracht und konnte das neuste und größte Dacia-Modell so über drei Tage und 700 Kilometer auf Herz und Nieren testen. Mein Testwagen war mit dem 1.2-Liter großen 3-Zylinder Turbobenziner ausgestattet, der zudem dank 48V-Technologie das Label „Mildhybrid“ tragen darf. Diesen Motor gibt es mit und ohne Allrad – ich hatte die Allrad-Variante, die immer mit einem 6-Gang-Schaltgetriebe gekoppelt ist. Der Antrieb findet sich so auch 1:1 im kleineren Duster wieder.
Alternativ gibt es denselben Motor mit Frontantrieb, dann aber 140 PS und einen Vollhybrid mit 155 PS Systemleistung, der die Spitze der Antriebspalette markiert und als einziger mit einem Automatikgetriebe gekoppelt ist. Spannend: Die 140 PS Frontantriebsversion gibt es auch in einer bivalenten Variante mit Autogas (LPG).
Hier alle Infos zu meinem Testwagen mit dem eingängigen Berliner Kennzeichen:
- Modell: Dacia Bigster
- Version: Extreme Mild Hybrid 130 4×4 (30.890 Euro)
- Motorisierung: 1.2-Liter Dreizylinder-Turbobenziner mit 48V-Mildhybrid-System und 96 kW (131 PS)
- Antrieb & Schaltung: Allradantrieb & 6-Gang-Schaltgetriebe
- Lackierung: Dolomit-Grau Metallic (700 Euro)
- Optionen: City-Paket (700 Euro), Winter-Plus-Paket (540 Euro)
- Preis des Testwagens: 32.830 Euro

Design und Innenraum: Außen hui, innen pfui?
Außendesign: Eigenständiger Look und nicht einfach ein „langer Duster“
Der Bigster präsentiert sich auf den ersten Blick als klassisches SUV und vor allem als klassischer Dacia. Er nimmt starke Anleihen am Duster, mit der er sich auch die Plattform teilt. Das neue Markengesicht und die typischen Elemente in Y-Form sind ebenso zu finden, wie die klare Formensprache eines SUVs.
Da mein Testwagen in der Ausstattungsvariante Extreme vorfährt, enthält er zudem allerlei kupferfarbenen Zierrat. Auch das ist so bereits vom Duster und allen anderen Extreme-Modellen der Marke bekannt.
Der Bigster ist dabei allerdings mehr als nur ein langer Duster. Front, Seitenlinie und Heck zeigen eigene Designelemente, die dem Bigster eine gewisse Eigenständigkeit verleihen. So sind zum Beispiel der Kühlergrill, der große Lufteinlass an der Front und die Einfassung der Nebelscheinwerfer anders gestaltet als beim kleinen Bruder.
An der Seite fällt auf, dass der Bigster ohne den Duster-typischen „Schnorchel“ – ein Dekoelement, das an Ansaugschnorchel bei Geländewagen erinnern soll – auskommen muss. Da sich an diesem Stück ohnehin die Geister scheiden, ist der Verzicht auf dieses polarisierende Stück Plastik vermutlich kein echter Verlust. Die Seitenansicht offenbart auch eine schwarze Fläche in der Mitte der C-Säule, die nicht nur den Modellnamen „BIGSTER“ trägt, sondern auch die technische Umsetzung der optional verfügbaren Zweifarb-Lackierung (Aufpreis sind 150 Euro, verfügbar für Journey und Extreme) erleichtert. Ohnehin finde ich die Seitenansicht sehr gelungen und alleine schon durch die Länge und die damit etwas elegantere Linienführung kann sich der Bigster klar vom Duster absetzen.
Bildergalerie: Der Dacia Bigster von außen






Auch beim Heck geht der Bigster eigene Wege. So verleiht ihm zum Beispiel ein Dekoelement unter dem Markenschriftzug (beim Testwagen standesgemäßig im Kupfer-Look), das sich fast über die gesamte Breite der Heckklappe erstreckt, einen kräftigen Auftritt. Auch die Heckschürze ist in der Form etwas definierter als beim Duster, sodass man tatsächlich klar sagen kann, dass der Bigster den eigenständigen Auftritt bekommen, den er verdient.
Für manche gewöhnungsbedürftig dürfte die sehr hohe und ausgeformte Motorhaube sein. Was von außen noch ziemlich abenteuerlustig aussieht, wird für Fahrer und Beifahrer schnell zu einer Sichtblende. Ich musste meine Sitzposition etwas höher wählen als gedacht, um eine gute Sicht auf die Straße zu haben. In der Mitte ragt die Haube fast schon Powerdome-artig auf, was aber zumindest links und rechts davon zu entsprechend tieferen Stellen führt. Durch diese „Canyons“ führt der Blick dann verhältnismäßig frei nach vorne. Nach ein bisschen Eingewöhungszeit ist das alles kein Problem mehr, allerdings bleibt die für mich eher hohe Sitzposition nicht ideal, weil man so das an sich sehr gute Raumgefühl nicht voll nutzen kann.

Bei alldem darf eines nicht vergessen werden: Ich finde den Bigster optrisch extrem gelungen! Der bullige Auftritt bleibt knapp unter der Grenze zur Aggressivität, vermittelt dabei aber diese spezielle Bereitschaft jederzeit die asphaltierte Straße gegen einen matschigen Feldweg tauschen zu können – gefällt mir sehr gut. Und ein letzter Duster-Vergleich muss sein: Ich mag den Bigster optisch lieber, weil er mir ausgewogener und reifer erscheint.
Innenraum: Funktional und nicht flashy
Im Innenraum geht es ebenfalls Dacia-typisch zu: Einfache Materialien treffen auf solide Verarbeitung. Für ein C-Segment-SUV ist der Bigster tatsächlich erstaunlich einfach und setzt im Grunde an jeder Stelle auf Hartplastik. Das ist oft nett gestaltet und ordentlich verarbeitet – zum Beispiel konnte ich rund um den Fahrerplatz keinen unsauber produziertes oder platziertes Element mit unangenehm scharfen Kanten ertasten – aber eben auch sehr funktional gehalten. Der Bigster ist definitiv nichts für Feingeister und Freunde von edler Haptik.
Das heißt allerdings nicht, dass man sich nicht wohlfühlen kann. In der funktionalen Anordnung und dem Verzicht auf flashy Designelemente und elaborierte Materialmixe liegt Potenzial für eine gewisse Ruhe, die man im Innenraum des Bigster empfinden kann. Der schmutzige Schuh streift die Innenverkleidung der Tür beim Einsteigen? Die noch fettigen Finger vom kurzen Burger-Stopp hinterlassen Abdrücke auf dem Touchscreen? Im Bigster kann man die alltäglichen Ärgernisse als Autofahrer ein bisschen lockerer nehmen, denn er strahlt eine stoische Robustheit und Unbekümmertheit aus, die bei Neuwagen selten geworden ist.
Das hat auch ein bisschen damit zu tun, dass die von mit getestete Extreme-Version mit abwaschbaren Polstern ausgestatten ist. Sicher eine clevere Idee und schick sind die Sitzbezüge auch noch, da sie das allgemeine Farbspiel des Ausstattungsniveau aufnehmen und grüne sowie kupferfarbene Zierelemente haben. Dummerweise erinnert der Bezug nicht nur haptisch an Neopren, sondern zeigt bei längeren Fahrten und höheren Temperaturen auch ähnliche Eigenschaften – so richtig atmungsaktiv wirkt das Ganze leider nicht.
Gut gefallen hat mir das 10-Zoll große Tachodisplay, das eine ausreichende Auswahl an unterschiedlichen Ansicht bereithält und dabei nicht eine halbstündige Session im Stillstand zu individuellen Konfiguration erfodert. Auch hier ist der Bigster eher funktional. Das große Tachodisplay ist für die Extreme- und Journey-Versionen serienmäßig. Bei den Ausstattungsniveaus Essential und Expression muss man sich mit der aus dem Duster bekannten 7-Zoll großen Einheit begnügen, die zum Beispiel keine Kartenansicht vorsieht.

Ein bisschen ärgerlich ist aus meiner Sicht die Wahl des Materials für die Oberseite der Verkleidung des Armaturenbretts, unmittelbar vor der Windschutzscheibe. Auch hier handelt es sich um einfaches Hartplastik, was an sich kein Problem ist. Leider reflektiert das sehr glatte Material jedoch je nach Sonneneinstrahlung etwas unglücklich. Das ist kein Beinbruch, kann aber je nach Sonnenstand schon mal nerven.
Auch wenn der Testwagen leider drauf verzichten musste, sei an dieser Stelle auch erwähnt, dass es den Bigster auch mit teilelektrisch einstellbarem Fahrersitz gibt. Ein Novum bei Dacia und serienmäßig bei den Journey-Versionen des Bigster an Bord. Für andere Ausstattungsniveaus bekommt man diese Neuheit der Marke leider nicht mal gegen Geld.
Bildergalerie: Dacia Bigster Innenraum




Ein großes Lob haben die zahlreichen haptischen Schalter verdient, die sich gut anfühlen und sich zudem blind bedienen lassen. Ein Hauch Noblesse umweht die Schalterreihe unter dem zentralen Bildschirm der Mittelkonsole. Die Einheit teilt sich der Bigster nicht nur mit dem Duster, sondern auch mit anderen Modellen der Schwester-Marke Renault – und das merkt man. Die Leiste wirkt geradezu hochwertig und chic, passt dabei aber trotzdem gut in den Innenraum.
Großes Highlight ist aber das Platzangebot, denn hier können vier Erwachsene völlig unbeengt und entspannt auch längere Fahrten hinter sich bringen. Das Panaroma-Glasschiebedach lässt extrem viel Tageslicht in den Innenraum, der dadurch noch luftiger wirkt. Die aus meiner Sicht sehr empfehlenswerte Ausstattungsoption ist serienmäßig beim Ausstattungsniveau Extreme dabei und gegen einen Aufpreis von 950 Euro auch für die Journey-Versionen zu haben.
Unterm Strich habe ich mich im Bigster wohlgefühlt, aber er vermittelt eher eine funktional-robuste Aura. Das passt aber sehr gut zum äußeren Erscheinungsbild. Damit ist das Modell aus meiner Sicht sehr harmonisch gestaltet und hält von innen was es außen verspricht. Allerdings fühlt sich der Innenraum minimal nach Verzicht an – davon kann beim sehr gelungenen Äußeren nun wirklich nicht die Rede sein.
Kofferraum: Platz für einen Jahresvorrat Trappisten-Bier oder Vla
Wie ich eingangs geschrieben habe, war ich mit dem Bigster in Belgien und den Niederlanden unterwegs und hätte ich meine Vorräte an belgischem Bier und typisch holländischem Pudding auffüllen wollen, wäre ich dank des Kofferraumvolumens schnell an die Grenze der Küchenschränke gestoßen. Der Name ist tatsächlich Programm und der Kofferraum ist groß genug um so ziemlich jede alltägliche Herausforderung zu stemmen.
In der Allrad-Variante schluckt das Gepäckabteil mindestens 550 Liter bei aufrechter Rücksitzbank und Beladung bis auf Höhe der Kofferraumabdeckung. Klappt man die Sitze um und belädt bis unter das Fahrzeugdach, dann schluckt der Bigster 1.853 Liter, also fast 2 Kubikmeter. Der Allradantrieb geht ein bisschen zulasten des Kofferraumvolumens, denn in der frontangetriebenen Variante liegen die Werte bei 667 bis maximal 1.937 Liter.
Zum Vergleich:
- Ein Mercedes E-Klasse T-Modell kommt (ohne die PHEV-Variante) auf 615 bis 1.830 Liter.
- Der VW Tiguan, immerhin der Bestseller im Segment der Kompakt-SUVs hat ein Kofferraumvolumen von 652 bis maximal 1.650 Litern (ebenfalls ohne die PHEV-Versionen).
Damit ist klar, dass sich der Bigster definitiv nicht verstecken muss und auch im Vergleich mit etablierten Kombi- und SUV-Größen viel zu bieten hat. Tatsächlich ist der Kofferraum aber auch sonst einen Blick wert.
Die Rücksatzbank lässt sich dreiteilig umklappen, was zudem über einen einfachen kleinen Zughebel jeweils auf der linken und rechten Kofferraumseite ausgelöst werden kann. Rund um die Hebel der „Easy-Fold-Funktion“, wie Dacia den Mechanismus selber nennt, finden sich zudem ein 12-V Anschluss, drei Befestigungshaken und ein Befestigungspunkt des YouClip-Systems.

Kurzer Einwurf: Was ist YouClip?
Hinter dem Namen YouClip versteckt sich ein modulares Befestigungssystem, das eine individuelle Gestaltung des Innen- und Kofferraums ermöglicht. Dafür sind im Fahrzeug – je nach Ausstattungsniveau – vier bis fünf Befestigungspunkte vorhanden. An diesen Punkten kann man separates Zubehör befestigen. Zum Beispiel eine Handyhalterung, eine LED-Lampe, einen Taschenhaken oder den für die Extreme-Versionen serienmäßigen 3-in-1-Würfel. Das ist im Wesentlichen ein Becherhalter, der aber an seinen Außenseiten wiederum zwei weitere Befestigungspunkte bietet. Praktisch ist das Ganze tatsächlich, aber auch nicht die Neuerfindung des Rads.
Angenehm ist zudem die ebene Ladefläche und die nicht allzu hohe Ladekante. In der Extreme-Variante ist zudem immer eine Gummimatte mit an Bord, die den Kofferraum vor Matsch und sonstigem Schmutz schützt. Das eigentliche Highlight des Modells ist an meinem Testwagen aber nicht zu finden: eine elektrische Heckklappe. Im Jahr 2025 lockt das nun wirklich niemanden mehr hinter dem Ofen hervor, aber für Dacia ist es fast schon eine neue Ära, die mit der Einführung des Features eingeläutet wird.
Normalerweise verzichtet die Marke auf unnötigen Schnickschnack und versucht sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Allerdings sind Kundenerwartungen in diesem Segmen nunmal andere und auch der Wettbewerb ist entsprechend aufgestellt. Und so kommt es, dass Dacia beim Bigster erstmalig und exklusiv – kein anderes Modell bietet diese Option – eine elektrische Heckklappe anbietet. Sie ist zum Preis von 300 Euro für die Extreme-Versionen verfügbar, beim Niveau Journey ist sie serienmäßig an Bord.
Bedienung und Infotainment: Schnell, intuitiv und schnörkellos
Hat man die gelungene Optik des Bigsters gewürdigt, den üppigen Kofferraum beladen und im zweckmäßig aber nicht ungemütlich gestalteten Innenraum Platz genommen, geht es an die Bedienung des Fahrzeugs und des Infotainmentsystems.
Potenziell ist dieser Abschnitt schnell geschrieben, denn der Dacia Bigster punktet mit einfacher Bedienbarkeit und einem aufgeräumten Infotainmentsystem, das sich durch eine klare und reduzierte Oberfläche auszeichnet. Aber wir wollen den Themen natürlich trotzdem einen genaueren Blick widmen.
Bedienung: Push the button
Noch eine letzte musikalische Referenz, die mir bei Schreiben spontan einfallen ist und die irgendwie zum Bigster passt: Im Lied Galvanize der Band My Chemical Brothers gibt es die Zeile „My finger is on the button (push the button)“ und das beschreibt die Erfahrung im Bigster ziemlich gut
Aus meiner persönlichen Sicht ist die Bedienbarkeit absolut vorbildlich. Nahezu jede Funktion hat einen eigenen Knopf in einfacher Ausführung. Die kann man einfach drücken und damit auch blind bedienen. Kein touch, swipe oder gar eine irritierende Mehrfachbelegung lenken beim Fahren ab. Für mich ist das immer noch die beste Lösung.
Mal ein Beispiel: Auf dem Lenkrad gibt es einen Knopf mit dem man die von der Verkehrszeichenerkennung erkannte Höchstgeschwindkeit einfach bei eingeschaltetem Tempomat übernehmen kann. Die Funktion ist keine Besonderheit und so in unzähligen Wettbewerbsmodellen verfügbar – die einfache Bedienung über einen einzelnen Knopf am Lenkrad ist aber leider alles andere als selbstverständlich.
Und so geht es weiter: Knöpfe in klarer Strutur finden sich auf dem Lenkrad, links daneben und in der Tür, wo eine aus meiner Sicht perfekte Bedientafel für Fensterheber und Außenspiegel sitzt. Auch hier hat jede Funktion und jedes Fenster einen eigenen Knopf – das ist auch nicht mehr selbstverständlich.
Abgerundet wird die Knopflandschaft von einer erstaunlich hochwertig gemachen Schalterleiste in der Mittelkonsole, direkt unter dem Touchscreen des Infotainmentsystems. Hier lässt sich die komplette Lüftung und Klimatisierung einfach und schnell bedienen.

Tatsächlich mag die hohe Anzahl an haptischen Bedienelementen dem ein oder anderen etwas altmodisch erscheinen und bei Dacia hatte man vermutlich schlicht keinen Platz mehr gefunden, um die restlichen Funktionen in weiteren Schaltern unterzubringen. Im Ergebnis sind damit die Sitz- und Lenkradheizung, sowie die beheizbare Windschutzscheibe nur über den Touchscreen zu bedienen. Allerdings immerhin ohne ein Untermenü aufrufen zu müssen. Zudem sind die Funktionen thematisch zusammengehörig, was ihre gemeinsame Platzierung im Infotainment logisch erscheinen lässt.
Noch ein letztes Wort zu einer Eigenart der Renault Group, die sich auch im Dacia Bigster wiederfindet: Der Bediensatellit rechts hinter dem Lenkrad. Diesen muss man aufgrund der Positionierung natürlich blind bedienen, was beim erstmaligen Gebrauch nicht immer gut klappt. Setzt man sich kurz mit dem Bedienelement auseinander fällt es hingegen recht leicht, da sich dort nicht allzu viele Funktionen befinden. Eigentlich werden nur die Titel- bzw. Radioauswahl und Lautstärke des Audiosystems gesteuert. Das funktioniert schnell ziemlich intuitiv. Da ich aber schon viele Renault und Dacia Modelle gefahren bin, habe ich da natürlich gut reden. Es bleibt eine eher ungewöhnliche Lösung.
Infotainment: Tut, was es soll – und ein bisschen mehr
Das Multimediasystem mit Namen „Media Display“ ist serienmäßig an Bord und wird über einen 10,1-Zoll-großen Touchscreen gesteuert. Ab Extreme und Journey wird es um ein Navigationssystem erweitert und heißt dann „Media Nav Live“. Letzteres war auch in meinem Testwagen verbaut und hat in den drei Tagen sehr unaufgeregt und zuverlässig seinen Dienst getan.
Aus meiner Sicht ist die wichtigste Eigenschaft dabei die Integration von Android Auto und Apple CarPlay, zumindest wenn man nicht – wie bei einem Elektroauto manchmal – aufgrund der Ladestopp-Planung auf das integrierte Navigationssystem zurückgreifen muss. Und selbst dann ist mittlerweile klar, dass die Hersteller den Kampf um das zentrale Display verloren haben: gefühlte 9 von 10 Menschen wollen einfach ihr Smartphone verbinden und sich nicht mit irgendwelchen Fahrzeugeinstellungen aufhalten.
Und hier kann der Bigster wirklich punkten, denn die Verbindung funktioniert kabellos – auch beim erstmaligen Verbinden des Geräts. Der ganze Prozess dauert wenige Augenblicke und ab dann kann man die Bedienoberfläche des Media Nav Live auch wieder ignorieren.

Allerdings überzeugt das System auch wenn man mal kein eigenes Smartphone dabei hat. Die Funktionen sind nicht so zahlreich, dass man sich in allzu vielen Untermenüs bewegen muss. Die Darstellung ist zweckmäßig und kommt ohne Spielereien aus, was ich angenehm finde. Zudem überraschen Bildschirm und Software mit sehr schnellen Reaktionszeiten. Das ist leider auch keine Selbstverständlichkeit.
Im Übrigen ist auch das integrierte Navigationsystem eine gute Lösung, das schnell und zuverlässig arbeitet und eine aufgeräumte Kartenansicht bietet, die stark an Google Maps erinnert. Das Kartenmaterial kommt von HERE , einem Kartendienst, der im Besitz von großen Playern der Autoindustrie ist. Unter anderem gehören BMW, Mercedes, Bosch, Continental und Intel zu den Eigentümern.
Technologie: Ein bisschen schärfer wäre schön
Die Liste der verfügbaren Komfort-Technik ist tatsächlich kurz. Zahlreiche Assistenten, die das Leben einfacher machen, sucht man vergeblich. Einen Einparkassistenten gibt es zum Beispiel weder gegen Geld noch warme Worte. Der Bigster konzentriert sich überwiegend auf die für Neuwagen mittlerweile lange Liste an sicherheitsrelevanten Fahrassistenzsystemen. Dazu später mehr.
In puncto Komfort bietet der Bigster einen adaptiven Tempopiloten, der für die Vollhybrid-Versionen der Ausstattungsniveaus Journey und Extreme sogar serienmäßig ist. Dazu kommt eine für alle Versionen serienmäßige Rückfahrkamera, die sich allerdings durch ein derart unscharfes Bild auszeichnet, dass man in dunklen Parkhäusern auch gerne mal im Trüben fischt. Das muss eigentlich nicht mehr sein.
Das wird leider auch nicht besser wenn man sich die optionale Multiview-Kamera gönnt. Damit kommen drei weitere Kameras hinzu, die aber nicht für eine mittlerweile übliche Vogelperspektive genutzt werden. Stattdessen kann man die Kameras an Heck, Front und den Seiten beim Rangieren in Parklücken oder im Gelände einzeln ansteuern. Das ist eine eher spezielle Lösung und nur in wenigen Situationen von echtem Mehrwert.
Fahreindruck: Tut was er soll – und das sparsam
Motor, Fahrwerk und Getriebe
Die meisten modernen Pkw fahren sich erstaunlich unaufgeregt und irgendwie auch langweilig. In den allermeisten Fällen bewegt man sein Auto auch nicht aus Freude, sondern aus Notwendigkeit oder Bequemlichkeit. Sportliche Ausfahrten stehen für die wenigsten Menschen regelmäßig auf dem Programm – es ist davon auszugehen, dass das für Dacia-Fahrer ganz besonders gilt.
Betrachtet man den Bigster unter der Prämisse, dass man als Fahrer sparsam und bequem ans Ziel kommen möchte, dann erfüllt das rumänische SUV die Anforderungen mühelos. Die Lenkung ist zwar ein bisschen leichtgängig, bietet aber noch ausreichend Rückmeldung, um sich zumindest ein vages Bild der Situation unter den Rädern machen zu können. Das Fahrwerk ist komfortabel abgestimmt, schwankt dabei aber auch nicht zu sehr trotz des recht hohen Aufbaus. Leider poltern die Räder recht unsanft über gröbere Unebenheiten des Straßenbelags, was nicht so recht zur sonstigen Abstimmung des Fahrzeugs passt.
Die Sitzposition ist ausreichend bequem für längere Strecken – hier hilft auch die serienmäßige Lendenwirbelstütze (nicht für Ausstattungsniveau Essential). Zudem stimmt es, dass die Geräuschdämmung im Vergleich zu anderen Modellen der Marke verbessert wurde. Auch bei höheren Geschwindkeiten bleibt es im Innenraum ruhig und tatsächlich dringt auch der kernige Sound des Dreizylinders nur selten ans Ohr der Insassen. Das ist bei anderen Modellen der Marke nicht so.
Das Datenblatt zur Motorisierung meines Testwagens liest sich wenig spektakulär:
- 131 PS, eine Höchstgeschwindigkeit von 180 km/h und eine Beschleunigung von 11,2 Sekunden von 0 auf 100 km/h klingen nicht nach der linken Autobahnspur.
- Das Drehmomment von 230 Nm liegt ab 2.250 Umdrehungen und damit nicht allzu spät an.
- Den kombinierten Verbrauch gibt Dacia mit 6,1 Litern auf 100 Kilometern an.
- Das Leergewicht von nur 1,5 Tonnen macht aber klar, dass der Bigster zumindest ausreichend motorisiert ist.
Ehrlichweise habe ich zu keinem Zeitpunkt Leistung vermisst. Überholen, auf Autobahnen auffahren und sich in fließenden Verkehr einfädeln, war ohne Probleme möglich. Und dank der Leistungscharakteristik des Motors in Kombination mit der Elektounterstützung des Mildhybrids kann man den Bigster auch sehr schaltfaul fahren – das hat mich ein bisschen an einen Dieselmotor erinnert.
Das Schaltgetriebe ist ähnlich unspektakulär wie der Antrieb und bietet klare und nicht zu lange Schaltwege. Selbst bei längeren Stop-and-Go-Phasen hat es nicht sonderlich gestört, da die Kupplung leichtgängig ist.
Richtig schlecht dürfte der Bigster bei spontanen Ampelrennen oder rasant gefahrenen Bergpässen performen. Allerdings war beides ganz sicher nicht Teil des Lastenhefts der Entwickler und geht somit in Ordnung. Wer Bigster – oder vergleichbare SUVs – fährt, der möchte in der Regel sich und seine Familie bei alltäglichen Fahrten und gelegentlichen Urlauben sicher und sparsam ans Ziel bringen. Beides ist ohne Probleme möglich.
Über die gesamten 700 km meiner Testfahrt habe ich mit hohem Autobahnanteil 5,6 Liter Benzin auf 100 km verbraucht. So hat es zumindest der Bordcomputer angegeben. Das hat zwar auch mit den niedrigen Geschwindigkeiten auf belgischen und niederländischen Autobahnen zu tun, ist aber dennoch ein sehr respektabler Wert für ein SUV dieser Größenordnung. Es zeigt vor allem, dass man WLTP-Verbräuche sehr wohl unterbieten kann.
Allradantrieb
Etwa 10% der Bigster Kunden entscheiden sich aktuell für die von mir getestete Allradvariante. Da diese nur mit Schaltgetriebe verfügbar ist und zudem auch die leistungsschwächste Motorisierung der kleinen Motorenpalette ist, kann dieser Wert nicht wirklich überraschen. Dabei hat der Bigster wie sein Plattform-Bruder Duster echte Offroadfähigkeiten.
Der Allradantrieb verfügt über fünf Modi für unterschiedliche Untergründe und auch die harten Fakten wie Bodenfreiheit, Böschungs- und Rampenwinkel machen den Bigster zu einem sehr geländegängigen Fahrzeug. Allerdings sind den meisten Kunden offenbar andere Dinge wichtig. Das könnte aber auch am saftigen Aufpreis von 3.400 Euro für die 4×4-Varianten liegen.
Entscheidet man sich trotzdem für den Vierradantrieb, dann bekommt man auch die standesgemäßen Insignien der Offroad-Society wie ein 4×4-Badge am Heck und eine Bergabfahrhilfe. Zudem gibt es ein „All Road Info“ genanntes Menü im Infotainment, das die Neigung des Fahrzeugs und die Verteilung des Drehmoments zwischen der Vorder- und Hinterachse zeigt. Gut ist die Möglichkeitkeit hier direkt die Multi-View-Kameras anzusteuern. Damit kann man den Bigster im Gelände sehr präsize bewegen.


Fahrassistenzsysteme
Wir jeder aktuelle Neuwagen, muss auch der Bigster serienmäßig mit einer Reihe von Fahrassistenzsystemen ausgeliefert sein. Einige davon arbeiten proaktiv und dauerhaft, wodurch man sich laufend mit ihnen auseinander setzen muss, andere treten nur im Notfall in Erscheinung und bleiben daher die meiste Zeit unbemerkt.
Zu dieser zweiten Katergorie gehört zum Beispiel der Notbremsassistent, das vermutlich am wenigsten kontroverse Assistenzsystem. In der ersten Kategorie tummeln sich die polarisierenden Kandidaten wie die Verkehrszeichenerkennung mit Geschwindigkeitswarner und der Spurhalteassistent.
Glücklickerweise erkennt der Bigster die meisten Verkehrsschilder korrekt und da ich viele Autobahnstrecken mit Tempomat zurückgelegt habe, war das grundsätzlich in Ordnung. Allerdings meldet sich der Geschwindigkeitswarner optisch und akkustisch bereits ab einer Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit um 1 km/h. Das ist keine Eigenart des Bigsters, sondern die Folge einer entsprechenden EU-Verordnung und bei allen Hersteller gleich.
Beim Spurhalteassistenten gibt es aber Unterschiede, denn hier kommt es auf ein etwas feineres Zusammenspiel aus Kamera und Lenkeingriff an. Und irgendwie fand ich den Bigster etwas übervorsichtig. Schon bei einer leichten Tendenz zur Fahrbahnmarkierung spürt man das Gegensteuern im Lenkrad, was dazu führt, dass man bei Überlandfahrten dauerhaft leicht gegen den Assistenten arbeiten muss. Hier wäre eine harmonischere Abstimmung wünschenswert.
Insgesamt funktionieren die Systeme gut und zuverlässig. Allerdings hat Dacia eine sehr gute Lösung zur Individualierung der Fahrassistenzsysteme gefunden. Hat man diese über den Touchscreen erst einmal personalisiert, kann diese spezielle Einstellung mittels doppeltem Tastendruck auf einem Schalter links vom Lenkrad schnell und einfach abgerufen werden. Und Personalisierung kann natürlich auch bedeuten, dass man die Assistenten lieber ausschaltet…
Mit jedem Fahrzeugstart werden jedoch alle Systeme wieder aktiv – so will es der Gesetzgeber. Dann jedoch schlägt die Stunde des bereits erwähnten Schalters, um schnell und unkompliziert seine individuelle Einstellung zu aktivieren. Das ist eine sehr gute Lösung.
Fazit: Ein echter Dacia
Der Bigster macht vieles gut und wenig schlecht, dabei ist er günstig und sieht – zumindest in meinen Augen – gut aus. Damit erklärt sich auch der Verkaufserfolg, der sich unmittelbar nach dem Marktstart im Frühjahr eingestellt hat.
Der Dacia Bigster zeigt eindrucksvoll, dass die Marke erwachsen geworden ist. Er verbindet robuste Alltagstauglichkeit mit einem eigenständigen Auftritt und bietet gleichzeitig überraschend viel Platz, einfache Bedienbarkeit und einen wirklich sparsamen Antrieb. Wer auf Luxus verzichten kann und stattdessen ein ehrliches, praktisches und preislich attraktives SUV sucht, bekommt mit dem Bigster ein rundes Gesamtpaket.
Natürlich gibt es Abstriche – beim Innenraum wirkt vieles funktional statt edel und das ein oder andere Komfort-Feature bleibt außen vor. Doch genau darin liegt die Stärke: Dacia bleibt sich treu und liefert mit dem Bigster ein Fahrzeug, das ohne Schnickschnack genau das tut, was es soll.
Unterm Strich ist der Bigster damit ein SUV, das nicht nur Fans der Marke überzeugen dürfte, sondern auch all jene, die ein großes, praktisches Auto suchen, ohne dafür gleich tief ins Premium-Regal greifen zu müssen.
Technische Daten und Preise
Versionen und Preise
| Motorisierung / Ausstattungsniveau | Essential | Expression | Journey | Extreme |
| Mild Hybrid 140 Benzin, 6-Gang-Schaltgetriebe | 23.990 € | 25.390 € | 27.290 € | 27.490 € |
| Mild Hybrid-G 140 Autogas & Benzin, 6-Gang-Schaltgetriebe | 23.990 € | 25.390 € | 27.290 € | 27.490 € |
| Mild Hybrid 130 4×4 Benzin, 6-Gang-Schaltgetriebe | – | 28.790 € | – | 30.890 € |
| Hybrid 155 Benzin / Full Hybrid, Multi-Mode-Automatikgetriebe | – | 28.890 € | 30.790 € | 30.990 € |
Technische Daten
| Mild Hybrid 140 | Mild Hybrid-G 140 | Mild Hybrid 130 4×4 | Hybrid 155 | |
| Motor | 1.2 Liter Dreizylinder Turbo | 1.2 Liter Dreizylinder Turbo | 1.2 Liter Dreizylinder Turbo | 1.8 Liter Vierzylinder + 2 Elektromotoren |
| Hybridsierung | 48V Mildhybrid | 48V Mildhybrid | 48V Mildhybrid | 230V Vollhybrid |
| Getriebe | 6-Gang-Schaltgetriebe | 6-Gang-Schaltgetriebe | 6-Gang-Schaltgetriebe | Multi-Mode-Automatikgetriebe |
| Kraftstoff | Benzin | Autogas (Benzin) | Benzin | Benzin |
| Leistung | 103 kw 140 PS | 103 kw 140 PS | 96 kw 131 PS | 116 kw 155 PS |
| Höchstgeschwindigkeit | 180 km/h | 180 km/h | 180 km/h | 180 km/h |
| Beschleunigung 0 auf 100 km/h | 9,8 s | 10,0 s | 11,2 s | 9,7 s |
| Verbrauch je 100 km kombiniert, nach WLTP | 5,5 | 7,1 (5,8) | 6,1 | 4,7 |
| CO2-Ausstoß je km kombiniert, nach WLTP | 124 | 116 (132) | 137 | 106 |
| Koffarraumvolumen | 667 bis 1.937 l | 510 bis 1.813 l | 550 bis 1.853 l | 546 bis 1.851 l |
| Leergewicht | 1.425 kg | 1.547 kg | 1.503 kg | 1.494 kg |
| Zulässiges Gesamtgewicht | 1.890 kg | 1.930 kg | 1.970 kg | 1.940 kg |
| Zulässige Anhängelast | 1.500 kg gebremst | 1.500 kg gebremst | 1.500 kg gebremst | 1.000 kg gebremst |

sehr guter und ausführlicher Bericht. Da kennt einer Dacia sehr gut!
Danke – alles andere wäre auch ein bisschen komisch, oder? 😀
Schöner, ausführlicher und detailliert Artikel 👍
Danke für das Feedback!